Cyril Massimelli

2014 English

2014 Deutsch

2008 English

2008 Deutsch

2007 Deutsch

2004 Deutsch

Lounges

Vor Jahren wechselte der Künstler aus der „Pariser Kunstszene“ nach Dresden und wurde seit dem sukzessiv von der zeitgenössischen deutschen Malerei beeinflusst. Inspiriert wurde seine gegenständliche Malerei unter anderem durch die Neue Leipziger Schule und Edward Hopper. In seinen früheren Werken arbeitete der Künstler nur nach Modellen und hielt stark an einer wirklichkeitsgetreuen Abbildung fest. Im aktuellen Werk verweben sich nun Realität und Fantasie zu loungeartigen Interieurs, in denen Figuren und Figurengruppen angeordnet werden und das Sujet der „Fêtes Galantes“ des 18. Jahrhunderts in einer zeitgenössischen Variante wieder aufgreifen. Einen entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der Innenräume hat seine Begeisterung für die Architektur. Angeregt durch Architekturzeitschriften lässt er selbst entworfene Bar- und Cafészenen entstehen, deren klare Architektur und die perfekt eingefangene Lichtverhältnisse den Menschen wie zum Dekor in sich aufnehmen. Das Publikum seiner Bars ist jung und scheint sich vom Blick des Betrachters nicht beeinflussen zu lassen. Damen in bunten Kleidern und lässige Herren rauchen, trinken und plaudern. Es gibt eigentlich keine besonders aufregende Handlung. Der Betrachter hat das Gefühl, das Geschehen im Bild nur von Außen zu beobachten. In jedem Bild gibt es jedoch eine zumeist weibliche Figur, die aus dem Bild hinaus blickt und diese Illusion wieder zerstört. Dadurch wird ein Gefühl der Ambivalenz erzeugt. Eine andere Illusion entsteht durch die Perspektive. Auf den ersten Blick scheint alles normal zu sein doch mit genauerer Betrachtung stellt man fest, dass sie in verfremdender Art und Weise so konstruiert ist, dass sich die Tiefenwirkung des Raumes verstärkt. Obwohl der Künstler es nicht darauf anlegt, entstehen während des Malens psychologische Beziehungen zwischen den einzelnen Personen, die sich seiner Kontrolle entziehen. Der Prozess ähnelt einem Experiment. Ein Experiment, in dem ein künstlicher Lebensraum entsteht. Im Gemälde „China Lounge“ spielt ein Aquarium auf diese Assoziation an, denn es handelt sich bei „Lounge life“ um menschliche Terrarium oder Aquarium bei denen der Betrachter als Voyeur fungiert. Thematisiert wird in „China Lounge“ aber auch die Globalisierung. Entgegen der Erwartung, die durch den Bildtitel entsteht, ist kein einziger Chinese auf dem Gemälde abgebildet, noch gibt es typisch asiatisches Inventar. Womöglich spielt sich diese Szene doch irgendwo in Europa ab. Doch wie lang wird diese Party noch dauern? Das Echo dieser Frage hallt in den privilegierten westlichen Ländern der Welt wieder, auch auf dem heutigen Kunstmarkt. Lounge life ist ein Luxusleben, in dem sich alles um Mode, Freizeit und Reichtum dreht. Aber das Leben in einem Aquarium steht immer in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Draußen und ist gleichbedeutend mit einer Gefangenschaft in einem goldenen Käfig. Das Gemälde „One hour“ ist aus der Idee entstanden, eine Stunde zu inszenieren. Es findet eine zeitliche Überblendung statt. Eine Figur, festgehalten in verschiedenen Momenten, erscheint mehrmals gleichzeitig. Sie erinnert uns daran, dass eine Fotografie nur eine Illusion ist, in der einzig und allein die Zeit die unveränderliche Komponente ist. „Playground lounge“ behandelt das Thema Spiel: das sichtbare Kartenspiel lässt eine erste Interpretation zu. Aber spielt das Spiel der Verführung und die psychologischen Beziehungen der Figuren, die sich wie Schauspieler verhalten hier auch eine Rolle? Ein Spiel ist diese Inszenierung auch für den Maler, bei dem die Leinwand der „Playground“ ist. Von besonderer Bedeutung in dieser Serie ist die Darstellung des künstlichen Lichts. Alle Szenen spielen in einer Umgebung, in der es keine natürliche Lichtquelle gibt. Obwohl wir in der heutigen Gesellschaft so sehr an Neonlicht gewöhnt sind, wird dem Betrachter vor Augen geführt, wie verfremdend es sich auf unsere Wahrnehmung auswirkt. Die scheinbare Ungezwungenheit in einer Bar wird durch die an Büroleuchten erinnernden Leuchtstoffröhren in „One hour“ in Frage gestellt. Die Frage, wohin diese Entwicklung der Technologisierung und Industrialisierung führt, wird in einem anderen Bild „Panorama lounge“, in dem die Beleuchtung sogar an eine Atomexplosion erinnert, kritisch in den Raum gestellt. Die Entwicklungen unserer Zeit zu hinterfragen ohne sie zu bewerten und unserer Gesellschaft durch das Medium der Malerei einen Spiegel vor zuhalten, sind nach der Auffassung von Cyril Massimelli die Aufgabe der heutigen Kunst. Durch die Wahl der Motive möchte der Künstler aber auch neue Formenkombinationen finden. Aus der Mischung von Altem und Neuem, was nicht zuletzt auch die alt meisterliche Technik der Ölmalerei im Dienste der Gegenwart betrifft, soll ein „Fusion-style“ entstehen, der typisch für die heutige Loungearchitektur ist.

Mandy Jeserich

cyril massimelli
homepaintingstextsexhibitionsvitacontact